Weisheit

Weisheit setzt sich zusammen aus Unterscheidungsvermögen, Einsicht und Verständnis. Du erkennst ganz klar, welche Gedanken und Handlungen deinem und dem Wohl anderer zuträglich sind und welche nicht. Weisheit erlangst du am ehesten durch deine eigene Erfahrung: wenn du die Dinge einfach so betrachtest, wie sie sind – noch bevor du deine Vorstellung davon darüber stülpst.

Weisheit verschafft dir die Entscheidungsgrundlage für dein tägliches (Business-) Leben und ist die Voraussetzung für die anderen vollkommenen Eigenschaften, welche die Grundlage für (D)ein erfolgreiches Business ausmachen.

 

„Das Schwert der Weisheit durchschneidet die Barrieren von Verblendung und Unwissenheit und macht sie überflüssig, ebenso Verwirrung, Eifersucht, Zorn und Selbsttäuschung, Zögern und Zweifel – sämtliche Gewohnheitsmuster, die zur Verfestigung unserer Sicht, unserer Meditation oder unseres Tuns führen. Es sieht, was ist, und weist uns den Weg, andere von der Verblendung zu befreien, die sie in der Dunkelheit des Leidens gefangen hält. Dieses Schwert ist die wichtigste Waffe des Boddhisattva-Kriegers.“ (Sakyong Mipham)

 

Mit den kommenden Übungen wollen wir uns  mit der dunklen Seite des Mondes beschäftigen. Wenn Du Dir den Mond anschaust (und wenn nicht gerade Neumond ist), dann siehst Du nur die von der Sonne angestrahlte Seite – die dunkle Seite bleibt Dir verborgen, doch machen erst beide Seiten den ganzen Mond aus. Und sicher kennst Du das chinesische Yin-Yang-Symbol, wo die helle und dunkle Seite wellenförmig ineinanderlaufen und beide Seite die jeweils andere Seite in dem kleinen Punkt beinhalten. Was nichts anderes bedeutet, als dass in dieser polaren Welt alles zwei Seiten hat und in dem Einen immer auch der Keim des Anderes angelegt ist. Auf den Tag folgt die Nacht, auf das Ausatmen das Einatmen und umgekehrt – der ewige Rhythmus des Lebens. Und erst, wenn alles integriert und miteinander im Einklang ist, fließt das Leben leicht und mühelos.

 

Übung 21 – Die Tatsachen des Lebens

In der buddhistischen Sichtweise gibt es drei grundlegende Charakteristika der menschlichen Existenz: Vergänglichkeit, Ichlosigkeit und Leiden.

Wenn wir uns diese drei Tatsachen des Leben etwas genauer anschauen und in Bezug zu unserem Alltag setzen, wird dadurch vieles leichter und einfacher:

1. Vergänglichkeit:
Alles im Leben fließt, ununterbrochen, von einem Augenblick zum anderen. Es fällt uns jedoch sehr oft sehr schwer, dies einfach zu akzeptieren, da wir an dem, was ist, festhalten. Wir suchen Sicherheit, indem wir Dauerhaftigkeit und Beständigkeit erwarten; und darin werden wir natürlich immer wieder enttäuscht. Alles kommt, bleibt einen Augenblick und geht dann wieder. Je eher wir uns mit dieser Tatsache anfreunden und den Widerstand aufgeben, umso leichter wird das Leben.

Mit den folgenden Übungen kannst Du ein bißchen spielen und schauen, wie Du sie in bezug zu alltäglichen Situationen setzen kannst:

  • Balle eine Hand zur Faust und drücke die Hand richtig fest zusammen. Spüre den Druck, den Du dabei aufwendest. Und dann lass einfach los. Öffne die Hand und entspanne Deine Finger.
  • Nimm einen kleinen Gegenstand, z.B. einen Kieselstein, in die Hand und halte ihn richtig fest (mit der Handfläche nach unten). Spüre den Druck, den Du dabei aufwendest. Und dann öffne Deine Hand und lass den Gegenstand los, lass ihn einfach nach unten fallen (achte darauf, dass nichts kaputt gehen kann). Entspanne Deine Finger.
  • Nimm einen Gedanken, irgendeinen. Denke ihn von Anfang bis Ende gründlich durch. Und dann lass ihn los, lass ihn gehen und verschwinden.
  • Erinnere Dich an eine unangenehme Situation, die Dich beschäftigt und immer wieder Aufmerksamkeit von Dir fordert. Denke die Sache ganz bewusst und absichtsvoll in allen Einzelheiten, von Anfang bis Ende, gründlich durch. Und dann lass diese Erinnerung los, lass sie gehen und verschwinden.
  • Denke einen Augenblick über folgende Aussage nach: „Das einzig Unwandelbare ist der Wandel.“
  • Bist Du heute der selbe wie gestern? Wie vor einer Woche? Vor einem Jahr? Vor 10 Jahren?

 

2. Ichlosigkeit:
Wer oder was ist dieses Ich, von dem Du glaubst, dass Du das bist? Was antwortest Du auf die Frage: „Wer bin ich?“ Als erstes wirst Du vielleicht mit Deinem Namen antworten, doch nach dem war nicht gefragt. Auch alle Rollen und Funktionen, die Dir als Antwort einfallen mögen, treffen nicht, zu, denn das ist nicht, was Du bist.

Bist Du heute der selbe wie gestern? Wirst Du morgen der selbe sein wie heute? Nein. Nichts und niemand ist unwandelbar. Dein Leben wird um vieles leichter, wenn Du die festgefügten Vorstellungen, die Du von Dir hast, aufgibst. Sie aufzugeben bedeutet nicht, dass Du Dich von nun an verleugnen sollst. Es geht vielmehr darum, dass Du diese Vorstellungen und Ideen benutzt, indem Du sie geschickt einsetzt. Tue dies bewusst und absichtsvoll, und dann lass sie wieder los, wenn sie ihren Zweck erfüllt haben.

Ganz einfach ausgedrückt, ist Ichlosigkeit eine flexible Identität, mit der Du nach Belieben spielen und sie erforschen kannst.

Mit den folgenden Übungen kannst Du ein bißchen spielen und schauen, wie Du sie in bezug zu alltäglichen Situationen setzen kannst:

  • Frage dich so lange „Wer bin ich?“, bis dir keine Antwort mehr einfällt. Genieße die Stille, die vorübergehend entsteht.
  • Finde heraus, woher du diese Antworten kennst. Entscheide dich, ob du sie behalten, loswerden oder ändern möchtest.
  • Werde wach dafür, wie oft du im Alltag die Worte „ich“, „mich“, „mir“, „mein“ gebrauchst; finde heraus, was Du jeweils damit meinst bzw. beabsichtigst. Was willst du damit zum Ausdruck bringen.
  • Versuche einmal, einen Tag (oder auch erst mal eine Stunde) lang auf die Worte „mich“, „mir“, „mein“ zu verzichten. Bleibe dabei entspannt und in einer spielerischen Haltung.
  • Versuche einmal einen Tag (oder auch erst mal eine Stunde) lang, nicht das Wort „ich“ zu denken. Benutze stattdessen „es“.

 

3. Leiden:
Wenn wir genau hinschauen, wird uns auffallen, dass wir die wenigste Zeit wirklich glücklich und zufrieden sind. Die meiste Zeit aber schauen wir nicht genau hin, weil es einfach zu unangenehm ist. Wir richten uns behagliche Komfortzonen im Leben ein und reagieren ziemlich heftig, wenn jemand es wagen sollte, uns darin zu stören. Wir wollen etwas, wollen etwas anderes nicht, oder die Dinge sind uns egal. So pendeln wir hin und her zwischen Widerstand, Begehren und Ignoranz.

Leiden und Unzufriedenheit hat drei wesentliche Ursachen:

  • Wir suchen Vorhersehbarkeit und Dauerhaftigkeit
  • Wir fühlen uns von allem und jedem getrennt
  • Wir suchen unser Glück in kurzfristiger Befriedigung.

Mit den folgenden Fragen kannst Du ein bißchen spielen und schauen, wie Du sie in bezug zu alltäglichen Situationen setzen kannst:

  • Welche Form(en) nimmt Leiden in Deinem Leben an?
  • Mit was bist Du überhaupt nicht einverstanden?
  • Wer (oder was) treibt Dich zur Verzweiflung?
  • Was glaubst Du, alles sein, tun oder haben zu müssen, bevor Du glücklich sein kannst?

Menschen leiden im allgemeinen, weil sie

  • etwas wollen und es nicht bekommen,
  • etwas bekommen und es aber nicht wollen oder
  • nicht wissen, was sie wollen.

==> Wie sieht das bei Dir aus?

 

„Die Lehre über die drei Kennzeichen der Existenz kann uns motivieren, nicht länger gegen die Natur der Wirklichkeit anzukämpfen. Wir können damit aufhören, uns selbst und anderen dadurch zu schaden, dass wir ständig dem Wechsel von Freude und Schmerz entfliehen wollen. Wir können uns entspannen und einfach in jedem Augenblick unseres Lebens voll gegenwärtig sein.“ (Pema Chödrön)

 

Übung 22 – Unschuld und Freiheit

Es gab eine Zeit in unserem Leben, da waren wir unschuldig, klar, rein, mit allem verbunden, von nichts getrennt. Ein Zustand der Glückseligkeit, den wir verloren haben, als wir mit der Welt der Namen und Konzepte vertraut gemacht wurden.

Wir waren uns nicht bewusst, dass wir unschuldig waren, denn wir kannten nur den Zustand des Eins-Seins.

Dann haben wir gelernt, dass ein Baum Baum heißt und eine Blume Blume. Später haben wir gelernt, dass es Bäume gibt, die Fichten heißen, andere heißen Eichen und Buchen und noch so viele mehr. So ist es mit Blumen und allen anderen Kategorien und auch mit uns Menschen – für alles und jeden haben wir eine Bezeichnung. Und dieses Bezeichnen und Benennen trennt uns von unserem wahren Wesen.

Wenn du anfängst, dir bewusst zu machen, dass du getrennt bist vom Leben und dass es das Benennen und Bezeichnen (und darüber hinaus auch das Bewerten, Vergleichen und Beurteilen) ist, dass dich trennt, dann kannst du anfangen und dich auf den Weg machen.

Das, was einst dein unschuldiges Wesen war, mußt du dir nun zurückerobern. Was einst unbewusste Unschuld war, kannst du dir nun wieder bewusst aneignen. Denn jetzt, wo du dies weißt, hast du eine Wahl.

Früher warst du frei und wußtest es nicht; nun kannst du dich auf den Weg in die Freiheit machen und dein Wissen zum Wohle des Ganzen nutzen.

  • Mache einen Spaziergang (das kannst Du übrigens auch zuhause oder an Deinem Arbeitsplatz machen) und versuche, die Welt um dich herum mit ganz neuen Augen zu sehen – tu so, als würdest du alles zum ersten Mal sehen.
  • Betrachte etwas und bemerke den Impuls in deinem Bewusstsein, das betrachtete Objekt zu benennen – entscheide dich, diesem Impuls zu widerstehen.
  • Mach ein Spiel daraus, Dingen einen unwillkürlichen Namen zu verpassen und bemerke, was in deinem Bewusstsein geschieht.
  • Wenn du Lust hast, dann setze dich für fünf Minuten hin und beobachte die Gedanken, die durch dein Bewusstsein ziehen – versuche, die Zwischenräume zwischen den einzelnen Gedanken wahrzunehmen.
  • Wenn du die Zwischenräume zwischen deinen einzelnen Gedanken erkennen kannst, lass dein Bewusstsein dort hineinsinken und nimm von dort aus wahr. Betrachte von diesem ruhigen inneren Ort aus deine Welt und bemerke, ob dies einen Unterschied macht.

 

Unmittelbares Sehen

Normalerweise merken wir nicht, in welchem Ausmaß wir alle tief verstrickt sind in ein ungeheures Netzwerk von konditionierten Gedanken, Bildern, Annahmen, Vorurteilen und Überzeugungen, alle verbunden mit vielfältigen körperlichen Empfindungen und Reaktionen, die den ganzen Organismus beeinflussen.

Pausenlos nehmen wir uns selbst, einander und unsere „Welt“ durch den Filter dieser konditionierten Bilder und Überzeugungen wahr, und wir verteidigen automatisch, was wir unter Wahrheit und Wirklichkeit zu verstehen glauben.

Was ist Wahrheit?

Kann es ein Innehalten geben in diesem gewaltigen Strom konditionierten Denkens und Reagierens, ein stilles Nach-innen-Schauen und -Hören – ohne zu wissen, das vom Gewicht der Vergangenheit befreit, indem es ein Licht auf sie wirft?

Ohne Ja oder Nein zu antworten – können wir unmittelbar sehen?

– Toni Packer

 

3 Tipps für den Alltag:

  • Stelle dir Dinge in Frage – nimm nichts für selbstverständlich. Wenn Du etwas das siehst und es erkennst (weil Du Dich daran erinnerst), frage Dich mit voller Absicht: Was ist das?
  • Sei wach und bemerke wenn Du in Deinem Alltag auf gewohnheitsmäßige Weise reagierst, indem Du z.B. etwas unbedingt haben willst bzw. etwas auf gar keinemFall erleben willst oder aber Dir etwas völlig egal ist. Gehe stattdessen hin und sei sehr interessiert
  • Wenn Du in etwas feststeckst, dass Dich nervt, dann frage Dich: „Wer ist das, der da so reagiert?“ Und antworte Dir selbst mit „Ich“. Und dann frage Dich direkt anschließend: „Wer ist dieses Ich?“ und bemerke die Veränderung Deiner Perspektive.

 

Übung 23 – Es hat nichts mit dir zu tun

Viel zu oft nehmen wir uns persönlich viel zu wichtig, und das ist ein Ausdruck von Selbstbezogenheit, der uns eine Menge Leid und Schmerz bereiten kann. Als stünde es uns im Gesicht geschrieben, sehen andere – insbesondere die, die uns gut kennen – sofort, wie und wo sie bei uns die richtigen ‚Knöpfe‘ drücken können, um uns zu manipulieren.

Beispielsweise beschwert sich ein verärgerter Kunde auf unangemessene und unfreundliche Weise, weil Du ein Projekt nicht in der vorgegebenen (natürlich viel zu kurzen) Zeit fertig bekommen hast. Sein unfreundliches Verhalten kann viele Gründe haben:

– Dein Kunde ist mit dem falschen Fuß aufgestanden
– er hat Ärger mit seiner Frau
– sein Kaffee war kalt
– sein Meerschweinchen hat eine Lungenentzündung
– er ist selbst ein Faulpelz und tut nur so, als wäre er es nicht
– …

Was auch immer andere Dir erzählen, vorhalten, vorwerfen – es hat nichts mit DIR zu tun, eine ganze Menge aber mit den anderen! Denn jeder lebt in seiner kleinen Welt, nimmt seine Welt auf seine eigene Weise wahr. Wenn Dir jemand erzählt, Du wärst blöd (oder faul oder träge oder …), dann sagt das nichts über DICH aus, wohl aber über den anderen. (Umgekehrt ist es natürlich genau so – doch da Du jetzt Deinen Willen unter Kontrolle hast, passiert Dir das nicht mehr.

Wenn Du Dinge persönlich nimmst, machst Du Dich angreifbar und manipulierbar, Du gibst Deine Macht und Deine persönliche Kraft an andere ab! Jemand erzählt irgendetwas, und Du fühlst Dich angegriffen; Du fängst an, Dich zu verteidigen und zu rechtfertigen, Du begründest und verteidigst Deinen Standpunkt. Dein Weltbild ist schliesslich in Gefahr!

Entspanne Dich und bleibe locker 🙂 Lass doch andere erzählen, was sie wollen. Es geht DICH nichts an, was andere erzählen. Nimm Dich selbst ein bisschen weniger wichtig, und Du ersparst Dir eine Menge Ärger und Stress.

Von dem Moment an, wo Du nichts mehr persönlich (und dich nicht mehr so wichtig) nimmst, gewinnst Du die Macht über Dein Leben zurück. Du beginnst, nichts mehr persönlich zu nehmen, wenn Du anfängst, Dich selbst zu lieben. Wenn Du Dich selbst liebst, bist Du nicht mehr auf die Anerkennung und Aufmerksamkeit anderer angewiesen. Du bist Dir Deiner Stärken bewusst, und Lob und Tadel anderer berühren Dich einfach nicht mehr.

Jetzt lebst Du in einer Welt, die Deine Liebe, Deine Weisheit und Deine Integrität widerspiegelt. Jetzt bist Du für niemand anderen mehr verantwortlich als für Dich selbst. Jetzt entscheidest Du allein über Dein Leben und bist für Manipulation, Schuldgefühle und Selbstverurteilung nicht mehr erreichbar. Echte Weisheit entspringt stets der Bereitschaft, die volle Verantwortung zu übernehmen.

Die folgenden Tipps unterstützen Dich, das Vorstehende zu integrieren:

  • Übe (immer wieder), deine Aufmerksamkeit bewusst auf eine bestimmte Sache zu richten; dies schult deinen Willen und somit die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit bewusst von deinen persönlichen Befindlichkeiten weg zu lenken, hin auf etwas, das du bevorzugst.
  • Lerne, über dich selbst zu lachen und nimm dich nicht mehr so ernst.
  • Tue ausgefallene und verrückte Sachen, die du sonst nicht machen oder bei denen du dir ein wenig blöd vorkommst („das kann ich doch nicht machen …!“), z.B. könntest du mit Steinen und Bäumen (oder dem Kopierer und der Kaffeemaschine) sprechen; du könntest dir mit Zahnpasta die Hände waschen und deinem Kopfkissen ‚Gute Nacht‘ sagen; brauchst du weitere Anregungen? Gehe in einen Kindergarten und schaue den Kindern beim Spielen zu 🙂
  • Tue etwas für einen anderen, ohne ihm davon zu erzählen.
  • Erstelle eine umfangreiche Liste auf für alles, für das du dankbar bist (hast du deinem Hosenknopf schon einmal dafür gedankt, dass deine Hose nicht in den Kniekehlen hängt?)
  • Schaue dir den grandiosen Film ‚Alexis Sorbas‘ an und tanze mit ihm, wenn sein Riesen-Projekt wie ein Kartenhaus zusammenbricht.
  • Denke einmal in einer ruhigen Minute über das folgende Zitat nach:

„Die Liebe lehrt mich, das ich Alles bin.
Die Weisheit lehrt mich, das ich Nichts bin.
Dazwischen verläuft mein Leben.
(Sri Nisargadatta Maharaj)

 

„Ja zu unserem Leben zu sagen bedeutet, bereitwillig all das mit einzubeziehen, was uns begegnet, und das Unerwünschte nicht wegzuschieben. Aber wir können uns nicht zum Jasagen zwingen, ebenso wenig wie wir einfach nur den populären Spruch „Kein Problem“ anwenden können. Dieser Spruch hat auf einer tiefen Ebene eine wirkliche Bedeutung; aber er ist viel zu oberflächlich, solange wir an unserem tief sitzenden Wunsch festhalten, keine Probleme zu haben.“ (Ezra Bayda)

 

„Buddhas große Erkenntnis war, dass Leiden auf der zutiefst verinnerlichten, aber mißverstandenen Vorstellung beruht, jede und jeder von uns sei ein fest umrissenes Ich, getrennt von allem anderen. Wir bezeichnen dieses Gefühl eines getrennten Ichs als „Egozentrizität“ oder einfach als „Ego“. Die Frage „Was soll ich tun?“ ist der Aufschrei der Egozentrizität. Tatsächlich gibt es nichts zu tun, weil es kein getrenntes Ich gibt. Die ganze Vorstellung von „wir gegen das Leben“ ist eine Illusion.“ (Cheri Huber)

 

Aufwachen

Eigentlich ist der Umgang mit den Tatsachen des Lebens keine große Sache; was es uns aber im Alltag meist erschwert, ist das Ego – diese ziemlich trickreiche und starre Ansammlung von Vorstellungen, Ideen und Konzepten über uns selbst, über andere und über das Leben. Nicht, dass das Egon etwas Schlimmes oder Verwerfliches wäre, das es zu zerstören oder zu überwinden gilt. Nein, es geht vielmehr darum, aufzuhören, sich mit diesem mächtig aufgeblähten Ding zu identifizieren.

Die amerikanische Zen-Meisterin Cheri Huber meint dazu:

„Folgende Worte sind austauschbar: Ich, Ego, Egozentrik, Konditionierung, Karma, Leiden. Ihnen gemeinsam ist die Definition, dass sie die Illusion von Trennung darstellen.“

Und ihr zufolge geht es um „die Erkenntnis, dass es nichts Getrenntes gibt und zwar von Allem-das-Ist, von „Gott,“ von der Essenz. Es ist die von Augenblick zu Augenblick lebendige Bewusstheit, dass das Selbst, das ringt, nicht das ist, wer wir sind, sondern eine karmische Konditionierung, eine erlernte Reaktion auf das Leben, ein Überlebenssystem, das uns als Kindern diente, das aber seine Effizienz für uns als Erwachsene verloren hat. Man muss sich das klarmachen, begreifen und das Ego seiner Aufgabe entheben.“

Und Cheri Huber hat auch einen sehr interessanten Ansatz, um mit dem Ego umzugehen:

„Ich lehre drei Vorgehensweisen, um die Identifikation mit der Konditionierung zu beenden: achtsam sein, nichts glauben, nichts persönlich nehmen. Ich lehre eigentlich nicht, dass man sich selbst akzeptieren muss. Ich fordere Menschen dazu auf zu sehen, dass die Dinge, die sie über sich selbst glauben, nicht wahr sind.“

 

„Alles, was das Ich wirklich ausmacht, sind unsere Meinungen, die wir für solide, für real und für die absolute Wirklichkeit halten.“ (Pema Chödrön)

 

Übung 24 – Wach werden für die Wirklichkeit

In einem Zenpower-Tipp hieß es:

„Werde wach und sensibel für deine Gedanken und Gefühle. Nimm das wahr, was da ist, ganz gleich, ob es dir gefällt oder nicht. Entwickle die Bereitschaft, alles in dir anzuerkennen und wertzuschätzen. Sei ganz ehrlich mit dir selbst und liebe, was ist.“

  • Nimm Dir einen Augenblick Zeit und komme innerlich zur Ruhe. Werde ganz wachsam, ruhig und still. Und während Du weiterhin so still wie möglich bleibst, bemerke, wie sich da in Deinem Kopf nahezu ununterbrochen ein mehr oder weniger bewusster Gedankenstrom abspult; bemerke, wie ein Teil Deiner Aufmerksamkeit damit beschäftigt ist, etwas zu finden, das Dich aus der Stille herausziehen wird.
  • Bemerke, wie Du Gedankenfetzen vorüberziehen und Du an ihnen hängen bleibst, beginnst, darüber nachzudenken und dann darüber, und wie plötzlich ganze Gedankenketten entstehen.
  • Kannst Du erkennen, was mit Deiner Aufmerksamkeit geschieht?
  • Versuche, diese Gedanken einfach vorüber ziehen zu lassen, ohne Dich weiter mit ihnen zu beschäftigen, ganz egal, wie wahnsinnig interessant wie möglicherweise auch zu sein scheinen.

 

„Wenn wir uns nicht in Meditation befinden, können wir anfangen, uns auf die gleiche Weise unserer Meinungen bewusst zu werden, wie wir in der Meditation unsere Gedanken bemerken. Und weil wir so viele Meinungen haben, die wir für gewöhnlich für die Wahrheit halten, ist diese Übung äußerst fruchtbar. Unsere Meinungen sind nämlich nicht die Wahrheit. Sie sind bloß Meinungen. Aber wir geben ihnen viel emotionale Rückendeckung. Häufig sind sie verurteilend oder kritisch; manchmal sagen sie, wie nett oder perfekt etwas ist. Auf jeden Fall haben wir eine Menge Meinungen.“ (Pema Chödrön)

 

„Das ganze Leiden wird durch falsche Vorstellungen aufrechterhalten. Alle Vorstellungen sind falsch. Was ist, ist. Vorstellungen sind keine Hilfe. Vorstellungen werden von der Illusion geschaffen, dass man getrennt ist, damit eine Existenz außerhalb des gegenwärtigen Moments aufrechterhalten werden kann. Die Herangehensweise, nichts von alldem persönlich zu nehmen, erlaubt es uns wahrzunehmen, dass wir alle in demselben Boot sitzen. Wir können die Verantwortung dafür übernehmen, das Leiden zu beenden, aber wir brauchen uns nicht die Schuld dafür zu geben, dass wir hineingeboren wurden.“ (Cheri Huber)

 

3 Tipps für den Alltag

  • Achte ganz bewusst auf Deine inneren Selbstgespräche und insbesondere auf Deine Meinungen zu allen möglichen Dingen und Menschen.
  • Was auch immer auftauchen mag an Gedanken, Gefühlen oder Empfindungen, lass es einfach da sein. Du mußt nichts tun. Versuche nicht, es zu verändern oder es loszuwerden. Sei dir einfach dessen bewusst, was immer es ist.
  • Achte im Alltag bewusst auf deine Tendenz, dich in Gedanken und Pläne zu flüchten, wenn dir Realität zu unangenehm erscheint. Bemerke deine Gedanken zu der betreffenden Situation und erkenne, dass es diese Gedanken sind, die das unangenehm machen.